Das erste Buch meiner Ferienlektüre war auch der schmalste Band und entsprechend schnell gelesen. Das lag nicht nur an den 200 Seiten Text, die Oschmann selbst in einem Interview als Langessay (ich hoffe, dass ich es mir richtig gemerkt habe) bezeichnet hat, sondern in erster Linie am Thema und Schreibstil.
Als jemand der in Thüringen geboren wurde, dort zur Schule ging und die Universität besuchte – also einen großen Teil des Lebens dort verbrachte, dort aufgewachsen ist und in gewisser Weise sozialisiert wurde, ist das Thema für mich besonders spannend.
Nach dem Studium ging es in Folge bundesweiter Bewerbungen für meine Familie und mich nach Rheinland-Pfalz. Das Buch greift also Dinge auf, die ich erfahren, gesehen und erlebt habe.
Dabei schafft es, was ein gutes Buch nur schaffen kann: es bringt neue Perspektiven und Blickwinkel, lässt mich nachdenklich und manchmal mit dem Gefühl des Ertapptseins zurück.
Dabei habe ich oft an ein anderes Buch gedacht, das ich ebenso verschlungen habe, weil ich die Grundthese einleuchtend und die Beispiele absolut nachvollziehbar fand. „Erzählende Affen“ von Samira El Ouassil und Friedemann Karig berichtet überzeugend und anschaulich über die Kraft der Narrative.
Oschmanns Buch, das gestützt auf zahlreiche Studien und Untersuchungen ein Fazit zum Reden und Denken über den Osten zieht, kann auch mit diesem Blick gesehen werden (und deutet dies auch selbst an): die Kraft der Narrative steckt zu einem großen Teil darin, dass sie Strukturen unter Erzählungen legen, die wir kaum noch bewusst reflektieren, die uns aber gerade dadurch als gegeben und stimmig erscheinen. Das Sichtbarmachen und Aufbrechen solcher Denkmuster ist nicht nur eine Frage der Fairness oder historischer sowie sozialer Gerechtigkeit sondern auch eine Grundvoraussetzung für eine gesunde gesamtdeutsche Demokratie.
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