Gute Fortbildung zu wichtigem Thema

Ich war heute auf einem Fortbildungstag auf dem Umweltcampus der Hochschule Trier.

Dort fand bereits die dritte Fachtagung zum Thema Schule und sexualisierte Gewalt statt.

Alle Schulen in Rheinland-Pfalz haben die Aufgabe, in den nächsten Jahren ein Schutzkonzept zu entwickeln.

Bedenkt man die Schätzungen der Opferzahlen ist es rein statistisch sehr wahrscheinlich, dass Opfer sexualisierter Gewalt in allen Schulen und vielen Klassen zu finden sind. Schulen müssen daher Orte werden und sein, in denen eine Gesprächskultur ermöglicht wird, die es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich zu öffnen. Für Lehrerinnen und Lehrer bieten Schutzkonzepte als Teil der Professionalisierung unseres Berufs die Sicherheit, mit solch schwierigen Situationen umgehen zu können.

Nach den Grußworten zeigte ein erster Vortrag der unabhängige Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus die Komplexität des Themas auf.

Hier wurde herausgestellt, dass Täterstrategien auf Erwachsene zielen. Schutzkonzepte sollten für Schulen kein Add-on, sondern integraler Bestandteil der Schulkultur sein. Die Transparenz des Konzepts und die Verlässlichkeit der Abläufe sind dabei wichtige Bausteine für das Gelingen der Konzepte. Ein übereiltes Vorgehen sollte unbedingt vermieden und jeder Schritt mit den Opfern gegangen werden, um das Vertrauensverhältnis zu wahren und die Opfer zu befähigen. Schulen müssen sich bei der Aufarbeitung in Teams aufstellen und vernetzen.

Im ersten Workshop beschäftigte ich mich mit Formen sexuell belästigender Kommunikation 

Anhand konkreter Fallbeispiele wurden folgende Formen unterschieden und Präventionsaspekte am Beispiel besprochen:

  • Sexuell belästigende Kommunikation bspw. in Chats und Kommentaren
  • Ungewollte Zusendung expliziter sexueller Aufnahmen
  • Pornografie
  • Missbrauchsdarstellungen (Kinder unter 14)
  • Missbräuchliches Sexting
  • Sextortion (online Erpressung von oder durch Nacktaufnahmen)
  • Cybergrooming (Kontaktaufnahme zur Vorbereitung sexuellen Missbrauchs)

Deepnudes – also die Erstellung von Deepfakes mit pornografischem Inhalt – sind hier noch ein spezieller Bereich, der in jüngster Zeit hinzukam.

In diesem Workshop wurde neben der praktischen Arbeit auch herausgestellt, wie wichtig es ist, dass alle Beteiligten Meldestellen und Hilfsangebote kennen. Auch muss in vielen Fällen ersteinmal das Bewusstsein geweckt werden, dass es sich um ein Fehlverhalten handelt, das gemeldet und bekämpft werden sollte.

In einem weiteren Vortrag stellte sich die Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauennotrufe vor.

Diese Fachberatungsstellen haben nichts mit Frauenhäusern zu tun sondern sind Beratungsstellen, erarbeiten Präventionskonzepte und leisten Struktur-, Öffentlichkeit- sowie Netzwerkarbeit. Sie unterstützen Schulen dabei eine Haltung zu finden, die sich im Schutzkonzept und im täglichen Handeln wiederfinden sollte.

Mein zweiter Workshop beschäftigte sich mit der kritischen Auseinandersetzung mit Männlichkeit als Präventionsaspekt.

In einem abwechslungsreichen Workshop, der zwischen Theorie und Anwendung ein spannendes Verhältnis fand, war es besonders der Aspekt hegemonialer und protestierender Männlichkeit, der bei mir Eindruck hinterließ. Diese Unterscheidung bezieht sich auf soziologische Arbeiten von Conell und Debus. Dabei wird (verkürzt gesagt) davon ausgegangen, dass es in einer patriarchalen heteronormativen Gesellschaft Ansprüche an männliches Verhalten und männliche Privilegien gibt. Während einige Männer (mehr oder weniger) subtile Wege finden, dieses Verhalten auszuleben und sich in einer ihrem Bild entsprechenden privilegierten Stellung finden, empfinden einige männliche Gruppen den Druck, diesem Bild entsprechen zu müssen, erhalten aber (weil sie zu anderen marginalisierten Gruppen gehören) die entsprechenden Privilegien nicht. Um dies zu kompensieren kompensieren sie dieses Nachteilsempfinden mit hypermaskulinem Verhalten. Wenn Ängste und Sicherheitsbedürfnisse wachsen erfüllen demnach Dominanzverhalten und Tendenzen zur Gewalt den Zweck der Kontroll- und Autonomiewahrung.

In einem letzten Vortrag stellte Dr. Jörg von Irmer wichtige Aspekte auf dem Weg zu einem schulischen Präventionskonzept dar.

Der Weg dahin führt in der Regel über eine Projektgruppe, Fortbildungen und einer Potential-/Risikoanalyse zu einem Studientag an dessen Ende ein Konzept stehen kann.

Auf diesem Weg befinden wir uns.
Dieser Tag war in jedem Fall ansprechend und impulsreich gestaltet, sodass es nun mit frischen Ideen im Prozess weitergehen kann.


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