Ein Weg zu gemeinsamen Standards?

Die KMK tagt und berät in dieser Woche zur Frage, wie gemeinsame Standards auf dem Weg zum Abitur in Deutschland aussehen können. Dabei konzentriert sie sich naturgemäß auf formale Aspekte – etwa die Frage, wie viele Kurse in der Qualifikationsphase eingebracht werden, wie viele Klausuren geschrieben werden dürfen, wie diese zu Gewichten sind usw.

So sehr ich das Ziel der Vergleichbarkeit verstehe und die Bemühungen schätze, wird hier einerseits wieder ganz deutlich, wie quälend lang solche Prozesse dauern, die mit Blick auf das Große und Ganze eher Minischritte statt Würfe in die Zukunft darstellen. Andererseits muss auch klar sein, dass selbst diese lang andauernden Bemühungen zu einer formalen Vergleichbarkeit keine inhaltliche Vergleichbarkeit nach sich ziehen werden. Das Niveau, die Inhalte, die Methodik etc. der gesamten Oberstufenphase werden weiterhin soweit auseinanderklaffen, wie dies bisher schon der Fall ist. 

Ließe sich das inhaltlich anders denken?
Hier eine Überlegung, die ich gern zur Diskussion stellen würde:

Nehmen wir ein abgeschlossenes Themengebiet von dem wir sagen können, was wir erwarten und das gut zu überprüfen ist. Hier kann das beispielsweise die Rechtschreibkompetenz sein.

Nehmen wir an, alle Länder einigen sich über die KMK darauf, was der Standard für bestimmte Abschlüsse sein sollte. Beispielsweise wird bestimmt, dass man von einem Abiturienten erwarten können muss, dass er/sie ein Diktat von X Wörtern mit höchstens Y Fehlern absolviert. Über X und Y kann sich die KMK gern verständigen und hier einen deutschlandweit gültigen Standard definieren. 

Im nächsten Schritt erstellt ein Fachgremium eine Auswahl an Diktaten die zugleich zur Übung und Überprüfung dienen. Ähnlich dem theoretischen Teil der Führerscheinprüfung. Ein Katalog mit einigen hundert Diktaten – bundesweit einheitlich. In denen auf vergleichbarem Niveau alle zuvor definierten Phänomene der Rechtschreibung ähnlich gewichtet auftauchen.

Ist dieser Standard definiert, lassen sich die einzelnen Schritte zur Erreichung dieses Ziels didaktisch herunterbrechen in kleinste Lerneinheiten von der Grundschule bis zur Abschlussklasse. Das tolle dabei: Hier kann in Blöcken oder Modulen gelernt oder gelehrt werden. In Klassen oder im Einzelunterricht, mit Buch oder App, mit Lehrern oder in Arbeitsgruppen… Bei der Erreichung der Ziele kann methodisch absolute Freiheit herrschen – aber das Ziel ist klar definiert und die Standards sind einheitlich, transparent und nicht rein formell sondern inhaltlich fixiert.

Individuelles Lernen kann daran hervorragend andocken: SchülerInnen werden unterschiedlichste Wege einschlagen, um diesen Standard zu erreichen. Individuelle Prüfungen sind kein Problem: Einmal im Monat bietet jede Schule ein Diktat als Überprüfung an, dort sitzen alle SchülerInnen, die glauben, diese Kompetenz nachweisen zu können. Haben die SchülerInnen es geschafft, dann ist das Thema Rechtschreibung für sie erledigt. Haben Sie den definierten Standard noch nicht erreicht, dann kann aus ihren Tests und Fehlern abgeleitet werden, mit welchen Problemen/Modulen sie sich noch beschäftigen müssen und ein individueller Lehrplan kann abgeleitet werden. Wenn die Entwicklung so weitergeht, kann künstliche Intelligenz hier sicherlich eine große Hilfe sein und Erleichterung für KollegInnen schaffen.

Umgekehrt können sich Unternehmen, Universitäten, Eltern, Lehrer und natürlich SchülerInnen selbst darauf verlassen, dass mit der Absolvierung der Schule ein einheitlicher Standard erreicht wurde. 


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Kommentare

Eine Antwort zu „Ein Weg zu gemeinsamen Standards?“

  1. Avatar von De Giuli Linda
    De Giuli Linda

    „das Ziel ist klar definiert und die Standards sind einheitlich, transparent und nicht rein formell sondern inhaltlich fixiert.“ – Dies ist meiner Meinung nach ein Weg, der sich seit Jahrzehnten anbietet, politisch jedoch nie beschritten wurde. Auch bei Kollegen ist die Tendenz noch sehr stark, individualistisch zu arbeiten statt im Team und zwar fächerübergreifend So kann man Ihre Vorschläge nur umsetzen, wenn die dadurch zu gewinnende Arbeitserleichterung und das Mehr an sozialem Miteinander in den Kollegien erfahrbar werden. EIGENTLICH MÜSSTE DAS RAD NICHT NEU ERFUNDEN, SONDERN NAHELIEGENDES GESEHEN UND IMPLEMENTIERT WERDEN.

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