Superman, Batman und die Irrtumstheorie

Was ist die Irrtumstheorie?

“Sie kennen doch Superman, oder?” 

“Das ist doch der mit dem Umhang.”

“Genau.”

“Der immer in schwarz rumrennt und im wahren Leben Millionär ist.”

“Nein, das ist Batman.”

“Echt?”

“Ja, wirklich. Der heißt eigentlich Bruce Wayne.“

“Und Superman?”

“Heißt eigentlich Clark Kent und kommt von einem anderen Planeten. Deswegen hat der Superkräfte.”

“Ah ja.”

“Ja, der kann fliegen, hat einen Laserblick und so.”

“O.k., dann weiß ich jetzt Bescheid.”

“Ja, jetzt kennst du die Wahrheit über Superman und Batman.”

“Naja. Wahrheit ist aber jetzt ein bisschen Übertrieben, oder?”

“Wieso? Stimmt doch alles.”

“Aber mal ehrlich. Das sind doch nur Comicfiguren. Wenn ich jetzt sage, dass Batman ein Außerirdischer ist, dann ist das doch nicht wirklich falsch, oder?”

“Klar ist es falsch.”

„Nein. Die beiden existieren nicht, also gibt es auch keine Wahrheit über sie. Alles was du über sie sagst ist falsch.”

“Quatsch. Banause. Sie existieren vielleicht nicht in echt, aber dennoch als Charakter in unserer Fantasie, über die man doch nicht einfach alles sagen kann.“

„Meine Güte. ‘Der Mond kreist um die Erde’ ist doch nicht in gleicher Weise wahr wie ‘Batman ist ein Alien’. Das siehst du doch ein, oder?”

“Sag noch einmal ‘Batman ist ein Alien’ und ich zeig es dir. SUPERMAN IST EIN ALIEN!!!”

Beide ab

 

Was hat das mit der Irrtumstheorie zu tun?

Im Bereich der Ethik gehen Irrtumstheoretiker davon aus, dass wir uns trefflich über moralische Probleme streiten können. Da diese aber keinen ontologischen Gehalt haben ist ihr Wahrheitswert immer falsch.

 

Oder anders ausgedrückt: Unser Gespräch über moralische Fragen („Darf man stehlen, wenn man hungert?“) hat in etwa das gleiche Problem, wie das Gespräch der beiden Comicfreunde oben. Wir simulieren ein Gespräch über Wahrheit, weil wir bestimmten Gegenständen Wahrheiten zuschreiben (Wie die Wahrheit der Aussage, dass Stehlen in bestimmten Situationen richtig oder falsch ist), wo wir meinen, echte Wahrheiten zu diskutieren, die in der realen Welt verankert sind. 

 

Was folgt daraus? 

Radikal gedacht könnte man schließen, dass alle moralischen Aussagen per se falsch sind (Wie alle Aussagen über Superman) und die Praxis des moralischen Urteilens aufgeben. Unsere Handlungen müssen sich dann eben an anderen Kriterien orientieren. Macht nichts könnte man meinen: Profitdenken, Ästhetik oder Pragmatik sind auch jetzt schon anerkannte oder wenigstens geduldete Triebfedern unserer Handlungen.

Eine andere Folge als die gänzliche Abkehr von der moralischen Praxis bietet der Fiktionalismus. Obwohl wir eigentlich um den Irrtum all unserer moralischen Urteile wissen, tun wir mal so als ob sie zuträfen und machen weiter wie bisher, indem wir uns innerhalb unseres simulierten Kosmos trefflich über Wahrheiten streiten, von denen wir alle wissen, dass es sie eigentlich nicht gibt.

Sie glauben, dass das irgendwie schräg ist? Macht nichts: Comicfans schaffen das schon seit Jahren – und das sind ja auch keine schlechten Menschen.


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